16. April 2024

Störfallmanagement: Prozesse automatisieren, Personal entlasten

Thema Fachkräftemangel: Ausstellende der IT-TRANS präsentieren neue Technologien, mit denen Mitarbeitende entlastet werden

Ein Thema ist derzeit in Deutschland und vielen anderen Ländern allgegenwärtig: Personalmangel. Auch der öffentliche Personenverkehr (ÖPV) mit seinen verantwortungsvollen Aufgaben, verbunden mit Schichtdiensten, bleibt davon nicht verschont. Umso wichtiger ist es, Prozesse zu automatisieren, um das vorhandene Personal nicht zu überlasten. Auf der diesjährigen IT-TRANS, der führenden Fachmesse für Digitalisierung im ÖPV, wird deutlich, dass moderne Technologien auch für diese Herausforderung Lösungen bieten, die Prozesse vereinfachen und automatisieren.

Markus Kocea, Senior Product Manager der IT-TRANS: „Mithilfe digitaler Lösungen können Prozesse, die bislang nur mit viel zeitlichem und/oder personellem Aufwand durchgeführt werden können, nun voll- und teilautomatisiert werden. Unsere Ausstellenden und Konferenz-Speaker haben etliche solcher Tools im Gepäck – ob für die automatische Erfassung von Gefahrenstellen, Bedarfsplanung, Belegungsdaten in Echtzeit, im Bereich Maintenance oder eben für Störfallmanagement und Fahrgastinformation. Wir freuen uns, dass INIT und viele andere Unternehmen, Verbünde und Forschungseinrichtungen ihre Expertise auf der IT-TRANS 2024 mit uns teilen.“

Der Karlsruher Telematik-Anbieter INIT hat sich einen besonders anspruchsvollen Arbeitsbereich im ÖPV vorgenommen: die Verkehrsleitstelle. Mit RESPONSEassist hat das Unternehmen ein System für die Störfallerfassung und -bearbeitung entwickelt, das gleich mehrere Vorteile bietet – neben der Personalentlastung auch Reaktionsschnelligkeit, eine verlässliche Disposition, eine konsistente Fahrgastinformation auf allen Kanälen und die anschließende Störfalldokumentation.

Störfälle gehören zum Alltag jedes Verkehrsunternehmens – sei es aufgrund höherer Gewalt, kurzfristiger Baustellen oder einer Straßensperrung aufgrund eines Unfalls, sei es aufgrund von Vorfällen am und im Fahrzeug wie einer Reifenpanne oder ein medizinischer Notfall an Bord. Oft setzt ein solcher Störfall eine Kettenreaktion in Gang: Linien werden verspätet bedient, Fahrzeuge müssen getauscht werden, Personal kurzfristig geordert und Fahrgäste informiert werden. Diese Kettenreaktion bearbeiten die Disponierenden in der Leitstelle: gut geschulte Mitarbeitende mit viel Erfahrung und dem Wissen, was in welchem Fall zu tun ist.

Die Herausforderung für diese Kolleginnen und Kollegen ist, dass alle Vorgänge in der Leitstelle oft individuell neu gedacht und ausgeführt werden müssen, und das am besten gleichzeitig und unmittelbar. „Da hilft es sehr, ein System zu haben, in dem praktisch alle denkbaren Fälle bereits berücksichtigt und die entsprechenden Handlungsvorschläge sowie Fahrgastinformationstexte abgelegt sind. Kurz: Ein System, das alle wichtigen Leitstellenvorgänge vereinfacht und die strukturierte Abarbeitung von Störungen ermöglicht,“ so Georg-Maximilian Michalski, der RESPONSEassist bei INIT von Anfang an mit begleitet hat und als Key Account Manager Kunden bei der Einrichtung des Tools begleitet. Das System automatisiert einen Teil dieser Abläufe, indem es mit einer Vielzahl möglicher Störfälle gefüttert wird und die genannte Kettenreaktion dann als Handlungsempfehlung für die Disponenten ausgespielt wird, inklusiver passender Vorschlagstexte für die Multikanal-Fahrgastinformation.

Das Ergebnis ist RESPONSEassist als Ergänzung zum Betriebsleitsystem MOBILE-ITCS. In Letzterem sind Linien, Fahrzeuge, das Verkehrsgebiet und viele weitere notwendige Informationen hinterlegt und automatisch verfügbar. Im Fall einer Störung, beispielsweise durch einen Verkehrsunfall, setzt sich ein teilautomatisierter Workflow in Gang. Über das MOBILE-ITCS erhält das Leitstellenpersonal einen Unfallruf, klärt mit dem Busfahrenden die Details und ergänzt dann die Grunddaten im ITCS, wo eine Handlung, beispielsweise ein Bustausch, geprüft und automatisch ausgeführt wird. Gleichzeitig werden die Daten des Störfalls ins Workflow- und Ereignismanagementsystem MOBILEforms übergeben, wo für alle denkbaren Szenarien passende Textbausteine hinterlegt sind, die der Disponent auswählt, ggf. ergänzt und dann per Knopfdruck ausspielen kann. Dann setzt sich die Fahrgastinformation auf allen Kanälen automatisch in Gang – sei es über Apps, Social Media oder über Lautsprecherdurchsagen und Anzeigetafeln an den Haltestellen.

Rekordwinter brachte den Impuls

Das Aha-Erlebnis, das zur Entwicklung des Tools geführt hat, war tatsächlich höhere Gewalt. Georg-Maximilian Michalski: „Der strenge, schneereiche Winter 2010/11 mit zahlreichen Fahrtausfällen hat der WSWmobil GmbH die Idee für das System geliefert. Nach den Erfahrungen dieses Winters entschied man sich in Wuppertal dafür, ein System einzuführen, mit der man schnell handeln und ebenso schnell die Fahrgäste über mögliche Ausfälle und Änderungen informieren konnte.“ Auch Wuppertaler Besonderheiten im Betriebsablauf durch die Schwebebahn, beispielsweise die Ausfälle von Aufzügen an deren Haltestellen, sollten als mögliche Szenarien mitabgedeckt werden. Gemeinsam mit INIT suchte und fand man eine Lösung.

Alle denkbaren Szenarien vorausplanen

Und wie gelingt es, genau die Szenarien zu hinterlegen, die im Ernstfall den richtigen Workflow und die korrekte Formulierung ausspielen? Georg-Maximilian Michalski erläutert: „Durch unsere mehr als vierzigjährige ÖPNV-Expertise und enge Zusammenarbeit mit Verkehrsunternehmen weltweit wissen wir natürlich genau, was passieren könnte. Viele denkbare Szenarien sind somit bereits enthalten. Selbstverständlich sprechen wir mit interessierten Unternehmen deren Anforderungen ab und ergänzen sie in der Lösung.“

Die Hallesche Verkehrs-AG (HAVAG) ist einer jener Kunden, die RESPONSEassist aktuell implementieren. Auslöser für das Unternehmen, sein Ereignismanagement neu aufzustellen, war die hohe Anzahl an konkurrierenden Aufgaben im Falle eines Störereignisses. Priorität für die Leitstelle dabei ist natürlich, den Verkehrsfluss schnell wiederherzustellen und bei Bedarf Rettungsdienste zu bestellen. Die Fahrgastinformation kommt dann meist erst an zweiter oder dritter Stelle – erschwert durch viele verschiedene Kanäle, die jeweils separat bespielt werden müssen. Dadurch spielte bislang die Anzeigetafel an der Station vielleicht eine entsprechende Störfallmeldung aus, der Nutzende der App hingegen ging im schlechtesten Fall leer aus oder wurde zu spät informiert.

Eine Förderung durch das Bundesvorhaben „Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme“ brachte den Stein ins Rollen, diese Konkurrenzsituation verschiedenster Aufgabenstellungen zu beseitigen, und INIT als Auftragnehmerin kam ins Spiel. Dipl.-Ing. (FH) Andreas Kleint leitet das Digitalisierungsprojekt bei der HAVAG. Er fasst zusammen, was die Vorteile des neuen Systems, insbesondere in Bezug auf die Fahrgastinformation, sind: „Zukünftig kann das Leitstellenpersonal auf fertige Textbausteine zurückgreifen und muss sich nicht für jedes Ereignis selbst einen passenden Informationstext überlegen. Diese Texte können zudem automatisch in Sprache umgewandelt und über die Haltestellenlautsprecher wiedergegeben werden. Weiterhin stellt das Leitsystem genaue Informationen bereit, welche Haltestelle oder Linie gerade von einer Störung betroffen ist. Die Verbreitung der Informationen geht zeitgleich an alle Kanäle wie Anzeiger, Lautsprecher, Apps und soziale Medien.“


Disponentinnen und Disponenten im Fokus

Bei aller technologischen Prozessoptimierung: Im Mittelpunkt steht weiterhin der Faktor Mensch. Mitarbeitende in der Leitstelle sind es, die im Ernstfall die Systeme mit den notwendigen Daten versorgen, aus verschiedenen Handlungsempfehlungen auswählen und diese eventuell modifizieren. Umso wichtiger ist für Kleint und Michalski die gute Einführung der Mitarbeitenden in die neuen Systeme. Bei der HAVAG wurde dafür ein Test- und Schulungssystem aufgesetzt. Das hat den Vorteil, dass das Leitstellen-Team alle neuen Funktionen noch vor der Einführung kennenlernen kann. „Denn“, so Abteilungsleiter Elektronik/Kommunikationssysteme Andreas Kleint, „die beste Software bringt nichts, wenn man die Nutzung nicht vorher geübt hat. Die Kollegen können in dieser Schulungsphase erleben, welche Auswirkungen ihre Handlungen auf das Fahrpersonal in den Fahrzeugen und die Fahrgäste an den Haltestellen haben. Dabei werden nach und nach neue Funktionen hinzugefügt.“

Die Entlastung der Mitarbeitenden wiederum kommt letztendlich auch den Fahrgästen zugute: Denn die eingesparte Zeit für die umfangreiche Fahrgastinformation kann darauf verwendet werden, den Verkehr bei einem Störfall schnell wieder in den Regelbetrieb zu bringen – damit der ÖPV seine Attraktivität steigern und so immer mehr zu einer verlässlichen Alternative zum motorisierten Individualverkehr werden kann.

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Katrin Wagner

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