Account Based Ticketing im ÖPNV: Die smarte Art zu reisen
Die Inflexibilität herkömmlicher Tickets hat in den letzten Jahren zum Aufstieg des Account Based Ticketing (ABT) beigetragen - eines von vielen Themen im Bereich "Ticketing und Bezahlsysteme" auf der IT-TRANS 2024

Die gute alte Papierfahrkarte im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hat vielerorts zwar immer noch nicht ausgedient – doch der technologische Fortschritt, ob Smartphone oder Chipkarte, drängt sie schon länger in den Hintergrund. Solche Medien-basierten Tickets erfordern jedoch die Registrierung eines Nutzer-Accounts. Vor Fahrtantritt bzw. beim Kauf der Chipkarte wird das Ticket (und auch der Preis) immer noch vorab festgelegt – die Entscheidung, ob an dem entsprechenden Tag eine Tagesfahrkarte günstiger wäre oder nicht, muss also bei Antritt der ersten Fahrt getroffen werden. Diese Inflexibilität hat in den letzten Jahren zum Aufstieg des Account Based Ticketing (ABT) beigetragen. Deshalb ist es wenig überraschend, dass e-Ticketing im Allgemeinen und ABT im Speziellen eines der großen Themen der kommenden IT-TRANS sein wird: Je einfacher es Nutzende haben, den ÖPV zu nutzen, desto schneller kann die Verkehrswende gelingen.

ABT bietet den Nutzern deutlich mehr Freiheit als seine Vorgänger, denn es benötigt keine App oder spezielle Chip-Karte – das sog. Token, über das die Zahlung abgerechnet wird, können auch kontaktlose Bank- oder Kreditkarten, mobile Wallets mit Zugriff auf Apple Pay und Google Pay sowie damit verknüpfte Wearables und Smartwatches sein. Diese Token erfordern keinerlei Registrierung vorab, die Nutzung erfolgt im „Tap-in, Tap-out“-Verfahren. Die Daten liegen hierbei nicht mehr auf der Chipkarte oder dem Smartphone, sondern in einem Account auf einem gesicherten Server bzw. Cloud-Speicher. Der Account verfolgt alle Fahrten, die mit diesem Token über den Tag verteilt vorgenommen werden und bucht nach dem Ablauf eines festgelegten Zeitraums den günstigsten Fahrkarten-Preis, basierend auf dem Nutzungsmuster und der Anzahl erfolgter Fahrten. So bietet ABT einen unkomplizierten Zugang zum ÖPNV ohne Tarifdschungel – für Vielfahrer, Gelegenheitsnutzer oder Touristen.
Zukünftig soll dies auch jenseits von statischen U-Bahn-Drehkreuzen und Bus-Tap-In-Kartenlesern möglich sein. In Großbritannien arbeiten die Unternehmen Unicard und Amdocs bereits an Lösungen, die auch Mikromobilität integrieren. Gemeinsam entwickeln sie ein verkehrsmittel- und betreiberübergreifendes „Tap-in, Tap-out"-Ticketing-System für Bahn, Straßenbahn, Bus sowie andere Angebote wie stationslose Leihräder oder E-Scooter. Das ABT-System von Unicard unterstützt kontaktloses Reisen, das durch Token in Form von Smart Tickets, Smart Cards, mobilen Apps oder digitalen Geldbörsen ermöglicht wird. Die cloudbasierte Zahlungsplattform von Amdocs, die auf Amazon Web Services läuft, ermöglicht die schnelle und einfache Ergänzung und Integration neuer Verkehrsmittel und zusätzlicher Betreiber. Die Übernahme des Smart-Ticketing-Unternehmens Ecebs von Visa und die damit verbundene Erweiterung des Portfolios um kontaktlose EMV-Zahlungen gibt Unicard außerdem die Möglichkeit, seine Dienste auch international jenseits des britischen Marktes anzubieten.
Einen einfachen Zugang zu Bus- und Bahnverkehren ohne vorherige Ausgabe eines proprietären Nutzermediums und ohne vorherige Tarifkenntnisse zu erhalten: Das ist wohl immer noch die Wunschvorstellung vieler potenzieller ÖPNV-Kunden. ABT schafft die technischen Voraussetzungen dafür, diesem Kundenwunsch einen großen Schritt näher zu kommen. Daher verwundert es nicht, dass sich Technologie- und Zahlungsanbieter wie auch Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen zunehmend mit diesem Ansatz beschäftigen und international immer mehr ABT-Projekte ausgerollt werden.